Die MilitĂ€rjustiz ist eine traditionelle Institution, die in vielen LĂ€ndern aufrechterhalten wird, in erster Linie um die Anforderungen im Zusammenhang mit der militĂ€rischen AktivitĂ€t sowie mit der zunehmenden KomplexitĂ€t und Spezialisierung in verschiedenen Bereichen der Verteidigung zu erfĂŒllen. Auch wenn die Existenz der MilitĂ€rjustiz hĂ€ufig in den Mittelpunkt der politischen Debatte gestellt wird, wurde sie nie vom EuropĂ€ischen Gerichtshof fĂŒr Menschenrechte angefochten, sofern das eingefĂŒhrte System von allen im internationalen Recht vorgesehenen Verfahrensgarantien begleitet wird.
Ausgenommen von den BemĂŒhungen zur Vereinheitlichung der 29 Strafprozessgesetze in der Schweiz, die zum Inkrafttreten der Schweizer Strafprozessordnung am 1. Januar 2011 gefĂŒhrt haben, hat der MilitĂ€rstrafprozess von 1977 (seit 1. Januar 1980 in Kraft!) nicht das gewĂŒnschte «Lifting» erhalten. Seine Schwachstellen und LĂŒcken machen seine Anwendung und das Verstehen der Regelungen der MilitĂ€rjustiz schwierig und zwingen die Justizbehörden (und die Parteien), auf Auslegungen und Analogien zurĂŒckzugreifen. Sicherlich haben die Reorganisation der MilitĂ€rjustiz (2018) und die Reform der Rechte der GeschĂ€digten (2019) die strukturelle UnabhĂ€ngigkeit der Strafverfolgungsbehörden sichergestellt und die Rechte der GeschĂ€digten im MilitĂ€rprozess deutlich gestĂ€rkt, allerdings konnten diese beiden Revisionen die zahlreichen verbliebenen normativen und textuellen LĂŒcken nicht beseitigen. Leider scheint eine Modernisierung des MilitĂ€rgesetzes auf die lange Bank geschoben worden zu sein.