Séance d'information - CAS Protection des données
Online
Im Rahmen der letzten Totalrevision des Datenschutzgesetzes wurde mit Art. 179decies StGB ein eigener Tatbestand gegen Identitätsmissbrauch geschaffen. Nach dieser seit dem 1. September 2023 in Kraft getretenen Strafbestimmung wird auf Antrag mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft, „wer die Identität einer anderen Person ohne deren Einwilligung verwendet, um dieser zu schaden oder um sich oder einem Dritten einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen“.
Der Gesetzgeber begründet die Einführung dieses neuen Straftatbestandes unter anderem mit dem verbreiteten Gebrauch elektronischer Medien und entsprechender Kommunikationsmittel, welche die Gefahr des Missbrauchs einer fremden Identität erhöht.
Der Anwendungsbereich von Art. 179decies StGB ist mannigfaltig. Zu denken ist an Deep Fake-Videos, die Bestellung von Waren unter fremdem Namen, die Abgabe von Äusserungen auf Social Media unter falscher Identität, sog. Romance-Scam-Fälle oder Enkeltrickbetrugskonstellationen.
Mit rund 7200 polizeilich registrierten Fällen allein für das Jahr 2024, 70 % davon im digitalen Raum, und 87 Verurteilungen hat der Tatbestand bereits eine nicht unerhebliche Bedeutung in der Strafrechtspraxis erlangt und Ressourcen beansprucht.
In der Literatur wird der Tatbestand unter verschiedenen Gesichtspunkten teils heftig kritisiert. So werden allgemein die Motive des Gesetzgebers hinterfragt. Speziell entzünden sich Diskussionen an der Erforderlichkeit eines derartigen Tatbestandes; an der Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit entsprechender Verhaltensweisen; an der Reichweite des Tatbestandes. Schliesslich werden dessen konkrete Auslegung – unter anderem unter Gesichtspunkten des Bestimmtheitsgrundsatzes – wie auch das Verhältnis dieses Tatbestandes zu anderen Straftatbeständen hinterfragt.
In ihrer Antrittsvorlesung wird Professorin Cathrine Konopatsch den Straftatbestand des Identitätsmissbrauchs i.S.d. Art. 179decies StGB einschliesslich seiner Anwendungspraxis unter kriminalpolitischen, rechtsstaatlichen und strafrechtsdogmatischen Gesichtspunkten anhand konkreter Praxisbeispiele einer kritischen Würdigung unterziehen und sich daraus ergebende – über den Kontext von Art. 179decies StGB hinausgehende – Implikationen für die Strafgesetzgebung und das Strafrecht insgesamt diskutieren.
Prof. Dr. Cathrine Konopatsch promovierte an der Karl-Franzens-Universität Graz, Österreich, und habilitierte an der Universität Bern im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der Vermögenseinziehung, im Wirtschaftsstrafrecht, im Unternehmensstrafrecht, im Klimaschutzstrafrecht, in der Cyberkriminalität und in der Strafrechtsvergleichung. Sie ist Mitglied der Eidgenössischen Spielbankenkommission.