Interview mit Prof. Dr. Corinna Martarelli, Vizerektorin Lehre

Was sind Ihre Aufgaben als Vizerektorin Lehre?

Hauptsächlich beschäftige ich mich mit zentralen Aufgabenbereichen. In Zusammenarbeit mit den Akademischen Diensten und den Fakultäten sorgen wir dafür, dass die Lehrpläne aktuell sind und neue Studiengänge und Programme entwickelt werden, die den Bedürfnissen der Studierenden und den Anforderungen des Arbeitsmarktes entsprechen. Dies umfasst alle Lehrangebote auf Bachelor-, Master- und Doktorats-Stufe sowie das 25+ Zulassungsprogramm und Weiterbildungsangebote.

Es ist wichtig, moderne und effektive Lehrmethoden zu integrieren und stets auf dem neuesten Stand der pädagogischen Forschung zu bleiben. Entscheidungen zur Lehre und zum Lernen werden durch Daten und Forschung unterstützt, um die besten Ergebnisse für unsere Studierenden zu erzielen. Wir fördern Lernumgebungen, in denen Studierende aktiv einbezogen werden und lebenslange Lernfähigkeiten entwickeln. Durch Schulungen, Workshops und Mentoring sorgen wir auch dafür, dass unsere Lehrteams ihre (pädagogischen) Fähigkeiten kontinuierlich verbessern.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Bereitstellung von Beratungs- und Betreuungsangebote für Studierende, wobei wir auch auf Gender- und Vielfaltsthemen Rücksicht nehmen. Darüber hinaus pflegen wir die Zusammenarbeit mit anderen Hochschulen im In- und Ausland, insbesondere mit Universitäten und Fernhochschulen, um voneinander zu lernen und Best Practices auszutauschen.

Was möchten Sie in dieser Funktion in den nächsten Jahren bewirken? Was sind Ihre Ziele?

Es gibt mehrere wichtige Schwerpunkte, die ich als Vizerektorin Lehre setzen möchte. Ein zentrales Ziel ist die kontinuierliche Weiterentwicklung unserer Lehrpläne und Programme, um sicherzustellen, dass sie den sich wandelnden Anforderungen der Welt und den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Nutzung neuer und innovativer Lehrmethoden, um eine individualisierte und respektvolle Lernumgebung zu schaffen. Durch die Integration neuer Technologien und didaktischer Ansätze, möchten wir den Studierenden eine Lernerfahrung bieten, die ihren individuellen Bedürfnissen gerecht wird.

Zudem steht die Internationalisierung unserer Lehrangebote im Fokus. Dies umfasst den Ausbau der Zusammenarbeit mit internationalen Hochschulen sowie die Integration globaler Perspektiven in unsere Lehrpläne.

Mit diesen Schwerpunkten kann das übergeordnete Ziel verfolgt werden; die akademische Exzellenz und die Qualität der Lehre an der FernUni Schweiz kontinuierlich zu steigern.

Welche Herausforderungen sehen Sie für sich als Vizerektorin Lehre?

Die Anpassung an den technologischen Wandel, die Gewährleistung der Qualität bei wachsender Diversität, oder die Unterstützung und Motivation der Lehrteams, werden mich bestimmt vor einige Herausforderungen stellen.

Zentral herausfordernd für alle Hochschulen ist der Einfluss von künstlicher Intelligenz in der Bildung. Wir können nicht verhindern, dass KI-Tools wie ChatGPT Teil des Bildungsprozesses werden. Vielmehr müssen wir KI sinnvoll in unsere Curricula integrieren. Das bedeutet, dass wir lernen müssen, wie wir diese Technologien einsetzen, dass sie den Lernprozess bereichern und die Bildungsziele unterstützen, ohne den menschlichen Aspekt der Lehre zu vernachlässigen.

Erst seit kurzem habe ich das Amt als Vizerektorin Lehre angetreten und lerne aktuell noch viele Aufgabenbereiche der Funktion kennen. Aber es ist eine spannende und motivierende Zeit für mich, in der ich eine kontinuierliche Lernbereitschaft aufrechthalten und mich weiterentwickeln kann.

Welchen Stellenwert hat die Lehre an der FernUni Schweiz?

Die Lehre bildet das Herzstück unserer Institution. Seit ihrer Gründung im Jahr 1992 liegt der klare Fokus auf der Bereitstellung qualitativ hochwertiger Fernlehre. Historisch gesehen, lag der Schwerpunkt in den Anfangsjahren ausschliesslich auf der Lehre, während die Forschung erst später verstärkt in den Vordergrund rückte. Dennoch sind Forschung und Lehre zwei Seiten derselben Medaille und tragen beide wesentlich zur Mission unserer Hochschule bei.

Die Lehre ist in der höheren Bildung von zentraler Bedeutung, da sie nicht nur die akademische Grundlage für unsere Studierenden legt, sondern auch als Brücke zwischen Wissenschaft und Gesellschaft fungiert. Was wir unseren Studierenden vermitteln, prägt nicht nur ihr individuelles Wissen und ihre Fähigkeiten, sondern beeinflusst auch die Gesellschaft insgesamt.

Unser Ziel ist es, Studierende nicht nur akademisch zu fördern, sondern ihnen auch die Möglichkeit zu geben, sich kritisch und reflektiert mit ihrer Disziplin auseinanderzusetzen. Die Qualität und Relevanz unserer Lehrangebote haben daher direkten Einfluss auf die Bildungserfahrungen unserer Studierenden und auf die gesellschaftliche Wirkung unserer Institution.

Was sind die Vorteile des Online-Lehrmodells der FernUni Schweiz?

Für Studierende, die Flexibilität und individuelle Lernmöglichkeiten suchen, bietet dieses Lehrmodell viele Vorteile, die es besonders attraktiv machen. Zu den wichtigsten Vorteilen zählen die Flexibilität, die Ortsunabhängigkeit, das selbstbestimmte Lernen, die individuelle Betreuung sowie die Tatsache, dass Selbstdisziplin und Zeitmanagement gefördert werden.

Wenn Sie an Ihre Zeit als Studentin zurückdenken, wie hat sich die Lehre verändert?

Es hat sich einiges verändert. Früher beschränkten sich die Lehrmethoden oft auf traditionelle Vorlesungen und gedruckte Lehrbücher. Heute ermöglichen digitale Lernplattformen den Zugang zu interaktiven Materialien, Online-Vorlesungen und virtuellen Klassenzimmern. E-Learning-Tools und Apps bieten eine flexiblere und personalisierte Lernerfahrung.

Der Zugang zur Bildung hat sich auch verändert. Während Studierende früher vor Ort sein mussten, können sie heute unabhängig von ihrem Wohnort oder Zeitplan lernen. Auch der Austausch fand früher in physischen Räumen statt, heute geschieht vieles in virtuellen Räumen.

Trotz dieser Veränderungen bleiben einige Prinzipien konstant. Das Hauptziel der Lehre – Wissen zu vermitteln, kritisches Denken zu fördern und Fähigkeiten zu entwickeln – bleibt unverändert. Auch die Struktur der Lernumgebung durch Lehrpläne und Prüfungen ist weiterhin präsent. Motivation und Engagement von Studierenden und Lehrpersonen sowie die Zusammenarbeit und der Austausch bleiben zentral.

Diese Kontinuitäten zeigen, dass trotz technologischem und methodischem Fortschritt, die grundlegenden Prinzipien des Lernens und Lehrens stabil geblieben sind und neue Ansätze effektiv integriert werden können.

Über Prof. Dr. Corinna Martarelli

 

Prof. Dr. Corinna Martarelli wurde 2017 als Assistenzprofessorin mit Tenure Track bei der FernUni Schweiz engagiert und ist derzeit Ausserordentliche Professorin für Methoden und Statistik in Psychologie.

Ihre «License thesis in Psychology» (2003) und ihr «Diploma thesis in Psychology» (2005) absolvierte sie an der Universität Lausanne. Anschliessend setzte sie ihr Studium mit einer Promotion an der Universität Bern mit dem Titel: «Toward a better understanding of pictorial recall and reality-fantasy distinctions: A developmental perspective» fort.

2019 erhielt Prof. Dr. Corinna Martarelli ein Stipendium des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, um die Auswirkung von Virtual Reality auf Lernen und Gedächtnis bei kleinen Kindern (4-6-jährige) zu untersuchen. 2020 erhielt sie zusammen mit Trix Cacchione (PH FHNW) und Sebastian Tempelmann (PH Bern) ein Stipendium des Nationalen Forschungsprogramms «Digitale Transformation», um den Einsatz von Virtual Reality als Unterrichtsmedium in der Schule zu erforschen. Im Jahr 2021 wurde ihr gemeinsames Forschungsprojekt mit Wanja Wolff (Universität Konstanz) «Boredom and self-control as guiding signals for goal-directed behavior: A novel approach to the ego depletion effect» vom SNF und der Deutschen Forschungsgemeinschaft bewilligt. Prof. Dr. Corinna Martarelli ist zudem seit 2022 Präsidentin der Schweizerischen Gesellschaft für Statistik (SSS) und seit 2024 Mitglied der Ausserparlamentarischen Kommission für Statistik.

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